„Blaues Wunder“ unter dem Bahnhof Asperg

„Blaues Wunder“ unter dem Bahnhof Asperg

“Blaus Wunder” unter dem Bahnhof Asperg
Selten gab es zwingendere Gründe für eine grabenlose Kanalsanierung als Anfang 2011 in Asperg, als dort ein 312 Meter langer Ortbetonkanal 1500/1200 saniert wurde. Das marode Bauwerk unterquert in rund neun Metern Tiefe unter anderem mehrere Gleise des Asperger Bahnhofs, darunter die stark frequentierte Bahnstrecke Ludwigsburg-Bietigheim. Die I·S·T·W PLANUNGSGESELLSCHAFT MBH wurde mit der Planung und Bauleitung des gesamten Projekts beauftragt.

Die Durchführung der nach Eigenkontrollverordnung notwendigen Inspektionen brachte es im Jahre 2007 an den Tag: Der Mischwassersammler zwischen der Alleenstraße und der Eisenbahnstraße in Asperg wies offenkundigen Sanierungsbedarf auf. Auf den ersten Blick zeigte die Untersuchung nichts Ungewöhnliches: Risse, Korrosion, vereinzelte Ausbrüche und Undichtigkeiten. Als man sich das Bauwerk dann aber zur Vorbereitung eines Sanierungskonzeptes genauer ansah, bekam der Fall eine durchaus dramatische Note. Es stellte sich heraus, dass der Ortbeton in der Tiefe strukturell vollkommen desolat war: Bohrkerne, die man zu labortechnischen Zwecken entnahm, zerfielen den Experten in der Hand. Einzig die inneren zwei bis drei Zentimeter wiesen überhaupt noch eine Resttragfähigkeit auf. Alles in allem rückte das Abwasserbauwerk mit diesem Befund in der Prioritätenliste der Asperger Kanalsanierungskonzeption ruckartig nach oben.
Bei der Suche nach einer im Wortsinne tragfähigen Sanierungslösung kam man sehr bald auf das schon in vergleichbaren Fällen bewährte Konzept eines Relining mit GFK-Eiprofil-Rohren. Eine offene Erneuerung schied angesichts der Örtlichkeit (Verlauf des Kanals unter Bahnstraße) und einer Bauwerkstiefe von rund neun Metern von vorn herein aus. Den Zuschlag für die grabenlose Renovation der Maßnahme erhielt im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung die Stuttgarter Niederlassung der Insituform Rohrsanierungstechiken GmbH. Das Unternehmen hat sich nicht zuletzt mit anspruchsvollen Relining-Sanierungsprojekten bundesweit einen Namen gemacht.

Die Entscheidung für ein Relining mit werkseitig gefertigen Rohrmodulen fiel nicht zuletzt aufgrund zweier sensibler Randbedingungen des Projektes:

1. Die Wasserhaltung

Diese wäre für die möglichen hydraulischen Spitzenlasten nämlich nicht wirtschaftlich mit der notwendigen Sicherheit zu realisieren gewesen. Das Plus des Rohrrelining in solchen Fällen besteht darin, dass bereits liegende Abschnitte eines neuen Kanals im Notfalle geflutet werden können, ohne dass dies für das Bauwerk Konsequenzen hat. Somit sperrte man die zu sanierenden Haltungen durch einen 1,20 m hohe gemauerten Fangdamm mit einer verschließbaren Öffnung DN 400 ab; durch diese konnte das aufgestaute Abwasser jederzeit kontrolliert abgeleitet werden.
“Blaus Wunder” unter dem Bahnhof Asperg

Oberbürgermeisterin Ursula Keck, Baubürgermeister Michael Köpple und einige Stadträte bei der Bauschild-Enthüllung in Kornwestheim, links im Bild Thomas Zeltwanger von der I·S·T·W PLANUNGSGESELLSCHAFT MBH

2. Die Kaverne

Auf einer Strecke von ca. 60 Metern befand sich eine 3,80 m hohe und 1,65 m breite Kaverne, welche nicht erhalten werden sollte. Sie wurde mit dem GFK-Profil 1200/900 mm komplett durchfahren und später verfüllt.

Spektakulär stellte sich in Asperg die Montagebaugrube dar, über welche man die bis zu 3 Meter langen GFK-Eiprofile in den alten Kanal einbaute. Neben einem -wegen seines Bauzustandes aufgegebenen- Schacht wurde ein neun Meter tiefer Rundschacht von etwa fünf Metern Durchmesser abgeteuft und mit Spritzbeton ausgekleidet. Durch diesen Schacht gelangten nicht nur die Rohre an den Einsatzort, sondern über ein mobiles Treppenbauwerk auch die Insituform Mitarbeiter.

Sie installierten gewickelte GFK-Eiprofilrohre des Systems AMIREN von Amitech in den Abmessungen 1200/900 mm. Dieses Untermaß gegenüber dem vorhandenen Kanal 1500/1200 erwies sich nach gründlichen Kalibermessungen des Profils als notwendig, war zugleich aber hydraulisch ausreichend für die Belastung des Kanals.

Die GFK-Rohre (PN 1) wurden mit einem Rohrshuttle an das jeweilige Rohrstrang-Ende gefahren und dort per Steckmuffenverbindung angeschlossen. Ein entscheidender Vorzug des gewählten Rohrsystems liegt in guten statischen Kennwerten bei vergleichsweise geringer Wandstärke – in Asperg waren dies statisch-tragende 22 Millimeter für den Altrohrzustand III-, was einerseits zu geringen Metergewichten, leichtem Handling und zügigem Baufortschritt führt, andererseits zur größtmöglichen Erhaltung der hydraulischen Kapazität des Sammlers – dies zusätzlich begünstigt durch die exzellenten Abflussbeiwerte des GFK-Rohrs.

Alles in allem nahm die reine Verlegezeit des GFK-Rohrstrangs einschließlich Stabilisierung des Rohrstrangs durch Einsatz von 190 m3 Dämmer nur rund 14 Arbeitstage in Anspruch. Der Dämmer wurde nach vorheriger abschnittweiser Abmauerung des Ringraumes eingefüllt.

Nachdem der neue Sammler vollständig verlegt war, wurde in der Montagebaugrube der dort aufgegeben Kontrollschacht durch einen neuen ersetzt. Auch hier entschied man sich konsequent für GFK, konkret für einen sieben Meter langes GFK-Wickelrohr DN 1500 des FLOWTITE-Systems. Zur Verbindung von Eiprofilkanal und Kreisprofilschacht hatte man im Mochauer Werk von Amitech Germany ein maßgefertigtes GFK-Sonderbauteil hergestellt. Der Schacht wurde als seitlicher Einstieg platziert und nach der Montage mit einem Sicherheits-Einstiegsystem ausgestattet, bevor man letztlich die Baugrube um den stehenden Schacht herum wieder verfüllte.

Mit Abschluss des Relining im März 2011 war die Stadtentwässerung Asperg um ein brisantes Problem „ärmer“, die Firma Insituform hingegen ebenso um eine wichtige Referenz reicher wie auch der Rohrhersteller.

Artikel aus bi UmweltBau – Fachzeitschrift für Leitungsbau, Umwelttechnik, Tiefbau – Nr. 2 Mai 2011 – Seite 122 -124